- Kerstin Graff vom Kinder- und Jugendtelefon der AWO sucht für die "Nummer gegen Kummer" Unterstützung.
Die Nummer gegen Kummer braucht jetzt selbst Hilfe
Die jungen Anrufer weinen oft, fühlen sich meist hilflos und allein gelassen. Wenn Kerstin Graff oder ihre Kollegen ans Telefon gehen, werden die Mienen ernst. Wer bei der Nummer gegen Kummer, dem Kinder- und Jugendtelefon in Chemnitz anruft, hat Sorgen. Große Sorgen.
Projektleiterin Kerstin Graff: „Es gibt kaum etwas, was nicht vorkommt. Klar, manchmal begegnen uns auch Kuriositäten. Doch viel zu oft sind es bedrückende Geschichten. Besonders alarmierend sind die zahlreichen Fälle von Einsamkeit, in denen Kinder und Jugendliche niemanden haben, dem sie sich anvertrauen können und dadurch in schwierige Situationen geraten – sei es im Zusammenhang mit Mobbing, bei dem sie sich allein gelassen fühlen, oder in Fällen von Gewalt und psychischen Konflikten.“
9.000 Anrufe pro Jahr
Schon seit 1990 gibt es das Kinder- und Jugendtelefon der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Chemnitz. „Wir sind damit die älteste Einrichtung dieser Art in Ostdeutschland“, sagt Kerstin Graff. „Trotz aller Erfahrung arbeiten wir aktuell am Anschlag.“
Rund 9.000 Mal klingelte im letzten Jahr in Chemnitz das Sorgentelefon, etwa 2.500 Beratungsgespräche entwickelten sich daraus. „Manche dauern nur wenige Minuten“, sagt Kerstin Graff leise und schaut aus dem Fenster ihres Büros. „Andere brauchen mehr Zeit, manchmal über zwei Stunden. Nach solchen Gesprächen hilft es mir, meinen Schreibtisch aufzuräumen. Das bringt mich irgendwie wieder runter.“
100 Prozent Anonymität
Beruhigen. Zuhören. Reden. Wichtige Punkte der ehrenamtlichen Beratung, die zu 100 Prozent anonym ist. Selbst die Polizei wird nicht eingeschaltet, wenn die Anrufer nicht explizit danach verlangen.
„Das ist wichtig, weil es Probleme in allen Familien gibt“, weiß Kerstin Graff und erklärt: „Bei uns melden sich auch Kinder, die reiche Eltern und trotzdem Probleme haben. Wenn sie sich zum Beispiel bei einem Vertrauenslehrer aussprechen, müsste der in manchen Fällen die Behörden einschalten, was die Anrufer aber nicht wollen.“
Die Zahlen steigen
Immer häufiger berichten Kinder und Jugendliche von Lebenssituationen, die so schwierig sind, dass sie intensive und langwierige Beratungen benötigen. Mobbing, Gewalt, Liebeskummer, Zukunftsängste – die Herausforderungen, mit denen die Kids konfrontiert sind, nehmen zu. In manchen Bereichen stieg die Zahl der Anrufer im letzten Jahr um 30 Prozent.
Die Koordinatorin: „Hinter jedem Anruf steht ein Mensch, der sich nicht allein fühlen möchte, der nach einer Lösung sucht oder einfach jemanden braucht, der ihm in schwierigen Momenten zur Seite steht.“
Das Kinder- und Jugendtelefon erfüllt genau diesen Zweck: Es bietet eine vertrauliche, anonyme Plattform, auf der Kinder und Jugendliche über ihre Probleme sprechen können.
Hilfe für die Nummer gegen Kummer
Kerstin Graff: „Wir sind von Montag bis Freitag von 14 bis 20 Uhr zu erreichen. Außerhalb dieses Zeitfensters, werden die Gespräche an andere Berater umgeleitet. Und ich kann sagen, dass das Telefon in der Zeit nicht aufhört zu klingeln. Unser Team, 20 Leute im Alter von 18 bis 75, suchen dringend Verstärkung.“
Anfang März gibt es wieder die Möglichkeit, sich zum ehrenamtlichen Berater in einem 120-Stunden-Kurs ausbilden zu lassen. Wer Interesse oder Fragen hat, kann sich telefonisch unter der 0163 41 58 132 oder per E-Mail an kjt@awo-chemnitz.de melden.
Trauen Sie sich, helfen Sie der Nummer gegen Kummer. Die jungen Anrufer, die oft weinen, sich meist hilflos und allein gelassen fühlen, werden Ihnen dankbar sein.
